Stellungnahme des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA) zum Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP im Bereich von Gesundheit und Pflege
Der GPA-Landesvorsitzende Bernhard Seidenath, MdL, erklärt im Namen des geschäftsführenden GPA-Landesvorstands,
Der Koalitionsvertrag enthält einige Hämmer, die die Gesundheitspolitiker der CSU keinesfalls mittragen können: die Legalisierung von Cannabis als Genuss- und Rauschmittel, die Abschaffung des Föderalismus in der Krankenhausplanung und die AMNOG-Reform zulasten der forschenden Arzneimittelhersteller.
Cannabis mit dem Gesichtspunkt „Jugendschutz“ zu verbrämen, ist ein dicker Hund. Gerade die künftige Möglichkeit, Cannabisprodukte überall zu kaufen, auch für junge Erwachsene, öffnet den Zugang für Minderjährige über diese Personengruppe. Die (negativen) Erfahrungen bei Alkohol und Nikotin in diesem Bereich sollten nicht zu einer Angleichung an den schlechtesten Standard führen.
Eine wohnortnahe Versorgung steht richtigerweise im Zentrum der Überlegungen des Koalitionsvertrages. Dabei aber gleichzeitig das Gesundheitswesen zu zentralisieren, widerspricht diesem Ansatz diametral und führt zu noch mehr praxis- und realitätsfremden Gesetzgebungen auf Bundesebene, welche die Patientinnen und Patienten sowie die Leistungserbringer vor Ort ausbaden müssen.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Es ist nicht alles schlecht, was in diesem Koalitionsvertrag steht. Gerade bei den Themen ME/CFS, zur UPD und zum Härtefallfonds greift er – zum Teil langjährige – Forderungen des GPA auf. Wichtige Themen wie die Unterstützung der Pflegekräfte, die geschlechtersensible Medizin und psychische Erkrankungen sind ebenfalls gut abgebildet, ebenso der Abbau von Bürokratie. Sektorenverbindende Versorgung und die Pflege insgesamt sind ordentlich im Vertragswerk enthalten. Das Opt-out-Modell bei der ePA ist unabdingbar – gut so. Auch die geplante Verstetigung des Innovationsfonds begrüßen wir, ebenso die Dynamisierung des Bundeszuschusses in den Gesundheitsfonds. Wie die Finanzierung von gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung dauerhaft gesichert werden soll, ohne die Sozialgarantie zu gefährden, bleibt aber das Geheimnis der Ampelkoalitionäre. Gegen eine G‑BA-Reform sperren wir uns nicht, ebensowenig gegen die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel.
Eine alte Forderung von uns, Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion ins Inland zurückzuholen, wird im Koalitionsvertrag aufgegriffen. Die Stärkung des ÖGD begrüßen wir, gegen die Weiterentwicklung der BZgA sperren wir uns nicht.
Zu den Themen „Ärzte im ländlichen Raum“ sowie zur Situation des drastischen Fachkräftemangels im Bereich von MFAs oder der Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten!) steht im Vertrag gar nichts. Das wäre wichtiger gewesen als die Erleichterung medikamentöser Schwangerschaftsabbrüche. Dies zeigt, dass die Ampel-Parteien eben doch ideologisch und nicht (nur) pragmatisch handeln.
Auf die Ausgestaltung wird es beim geplanten „allgemeinen Heilberufegesetz“ ankommen. Wir sehen hier keinen Konsens. Hier war es vom bisherigen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weise, es beim Thema „Heilpraktiker“ bei der bisherigen Rechtslage zu belassen.
Bei den Berufsgesetzen fehlt die Modernisierung des Berufsbilds der Diätassistenten und deren Weiterentwicklung zu Ernährungstherapeuten.